© Björn Wylezich/stock.adobe.com Kommentierte Pressestimmen Wird es eine tatsächliche Migrations- oder Asylwende durch die neue Bundesregierung geben? Ein Blick in den Koalitionsvertrag zeigt Verschärfungen, an anderer Stelle aber die Fortführung des alten Kurses. < Der Moment, der plötzlich vieles veränderte Im Wahlkampf gab es den Moment, der schlagartig einiges veränderte. Es war der 22. Januar 2025. Während die Bundesrepublik noch über die Folgen des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt beriet, ereignete sich in einem Aschaffenburger Park ein Angriff eines Afghanen auf eine Kitagruppe und es wurden ein zweijähriger Junge und ein Mann getötet. CDU und CSU, die im Bundeswahlkampf auf Wirtschaftsthemen gesetzt hatten, schwenkten um. „Ich weigere mich anzuerkennen, dass die Taten von Mannheim, Solingen, Magdeburg und jetzt Aschaffenburg die neue Normalität in Deutschland sein sollen“, sagte Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU). Kommt nun, da die Union vor der Übernahme der Regierungsverantwortung steht, die Wende? Bei der Vorstellung des zäh errungenen Koalitionsvertrages kündigte Merz einen neuen Kurs in der Migrationspolitik an. Man leite die „überfällige Migrationswende“ ein, sagte der bisherige innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU). < Was von der Härte bei der Migrationspolitik übrig bleibt Tatsächlich wird es zwar mehrere Verschärfungen geben. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass bereits die Ampelkoalition Rechtsänderungen auf den Weg gebracht hatte. Zum Teil beschreitet die künftige Koalition den bereits eingeschlagenen Pfad. Wenn man so will, startet Merz aus einer komfortablen Position: Die Asylzahlen sind schon 2024 deutlich zurückgegangen und sinken auch 2025 weiterhin – ganz ohne die vom Kanzler in spe versprochene „Asylwende“, sondern wohl eher durch die von SPD, Grünen und FDP im Oktober eingeführten Kontrollen an den deutschen Grenzen. Die illegale Zuwanderung nach Deutschland könnte weiter begrenzt werden. Das soll erstens durch einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen passieren und zweitens durch die Aufrechterhaltung der Kontrollen an den deutschen Grenzen. Zudem will sich die schwarzrote Koalition erneut an einer „Rückführungsoffensive“ versuchen. Wer nicht freiwillig ausreise, müsse abgeschoben werden. Das hatte bereits die Ampel versprochen, war jedoch damit größtenteils gescheitert. Dem Problem, dass die Herkunftsländer bei Rückführungen nicht kooperieren, will man mit mehr Druck begegnen. Auch die Ausreisepflichtigen selbst müssen mit Restriktionen rechnen. Leistungen sollen gekürzt werden. Deutlich sprechen sich Union und SPD für die Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten aus. Zugleich soll die Liberalisierung des Einbürgerungsrechts, das die Ampel vorantrieb, wieder etwas eingeschränkt werden. Eine Einbürgerung nach drei Jahren soll nicht mehr möglich sein, sondern erst nach fünf Jahren. Fazit: Eine radikale Wende wird es also nicht geben. Offen bleibt, inwieweit die Koalition grundsätzliche Reformen des EU-Asylsystems anstrebt. Der Koalitionsvertrag bleibt diesbezüglich vage. Drei Punkte sprechen jedoch dafür, dass die Asylpolitik in den nächsten Jahren eine andere werden könnte. Dazu zählt die Zurückweisung an der Grenze, eine mögliche Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten, wobei noch offen ist, ob Deutschland sich konkret an entsprechenden Projekten beteiligt, und der Plan, dem Bund eine zentrale Zuständigkeit bei den DublinÜberstellungen zu geben. Allerdings ist hier zu betonen, dass in dem Moment, in dem die Zugangszahlen nach Europa wieder ansteigen, diese Maßnahmen nicht ausreichen werden, um irreguläre Migration wirksam zu regulieren oder zurückzudrängen. ZEIT online, 10. April 2025, Welt online, 11. April 2025 < Die Diskussion über Zurückweisungen an den Grenzen Der weitreichendste und rechtlich umstrittenste Punkt im Koalitionsvertrag ist die vorgesehene Zurückweisung an den Grenzen. Bisher wird dies nur bei Migranten umgesetzt, die bereits abgelehnt wurden und deshalb ein Einreiseverbot haben oder die bei Aufgriff kein Asylgesuch äußern. Nun sollen Zurückweisungen auch erfolgen, wenn ein Asylbegehren geäußert wurde. Fraglich ist, inwieweit dies europarechtlich und völkerrechtlich überhaupt zulässig ist. Manche plädieren dafür, die Zurückweisungen zu praktizieren und damit eine gerichtliche Entscheidung über das Vorgehen zu provozieren. Das würde Rechtsklarheit schaffen. In der Union hoffe man vor allem auf den Abschreckungseffekt der Zurückweisungen. Allein aufgrund der anhaltenden Grenzkontrollen wird es auch mehr Zurückweisungen geben. Absprachen mit den europäischen Nachbarstaaten sollen aufgenommen werden, auch in der grundsätzlichen Frage, wie das europäische Asylsystem weiterentwickelt werden kann. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Fortsetzung der Grenzkontrollen werde jedoch nicht verhindern, dass weiter10 vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte vbob Gewerkschaft Bundesbeschäftigte > vbob Magazin | Mai 2025
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