Profile 5-2024 (GOLD EDITION)

37 PROFILE GOLD EDITION 2024 Die Hochzeit des Figaro, La Traviata, Wagner oder Puccini: Wie kaum ein anderes Genre begeistert die Oper seit Jahrhunderten mit epischen Kompositionen, emotionalen Geschichten, opulenten Bühnenbildern und Kostümen. Die Kunstform entstand im 16. und 17. Jahrhundert als Unterhaltung für den Adel und das Bürgertum, vor allem in Italien und Frankreich. Diese Verbindung zur Aristokratie prägte die Oper von Beginn an als ein Genre, das mit Reichtum und sozialem Prestige verbunden war. Die aufwendigen Kostüme, die prächtigen Bühnenbilder und die außergewöhnlichen musikalischen Kompositionen spiegelten den Geschmack und die Macht derjenigen wider, die sie finanzierten und besuchten. Die Oper, eine der anspruchsvollsten und aufwendigsten Kunstformen, steht oft als Symbol für Opulenz und Dekadenz – zwei Facetten des Luxus, die sowohl in ihrer Ästhetik als auch in ihrer Wirkung auf das Publikum miteinander verflochten sind. Sowohl Luxus als auch Oper dienen als Ausdrucksformen des menschlichen Strebens nach Schönheit, Erhabenheit und Exklusivität. VISUELLE OPULENZ Opernproduktionen sind dabei oft von einer beeindruckenden visuellen Pracht geprägt. Die Bühnenbilder sind reich an Details, mit aufwändig gestalteten Kulissen und luxuriösen Kostümen, die häufig historische oder mythische Themen behandeln. Diese visuelle Opulenz dient nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der Erschaffung einer Welt, in der die Zuschauer in eine Atmosphäre des Überflusses und der Ästhetik eintauchen können. Diese Pracht erinnert an die verschwenderischen Bankette und Paläste, die für den Adel typisch waren – sie ist eine Hommage an den Luxus in seiner visuell beeindruckendsten Form. MORALISCHE ABGRÜNDE Dekadenz, verstanden als eine Form des Überflusses, die über das Maß hinausgeht, ist in der Oper nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein narratives Element. Viele Opern handeln von Exzessen, Machtmissbrauch, Verfall und moralischen Abgründen. Die Figuren in diesen Geschichten leben oft in einer Welt, die von Luxus und Vergnügen geprägt ist, was schließlich zu ihrem Untergang führt. Diese Themen spiegeln eine dekadente Weltanschauung wider, in der Luxus zu einer Quelle der Zerstörung wird – ein Spiel mit den Grenzen des moralisch Akzeptablen, das das Publikum gleichermaßen fasziniert und abschreckt. SCHAULAUF DER REICHEN Opernaufführungen sind traditionell nicht nur künstlerische, sondern auch gesellschaftliche Ereignisse. Der Besuch einer Oper, insbesondere in renommierten Häusern wie der Mailänder Scala oder der Wiener Staatsoper, gilt als Zeichen kulturellen Kapitals und sozialen Status. Die Opernhäuser selbst, oft architektonische Meisterwerke, symbolisieren den Höhepunkt der kulturellen und materiellen Errungenschaften einer Gesellschaft. Hier kommt die Dekadenz in Form von gesellschaftlichem Prestige und Exklusivität zum Ausdruck – eine Aufführung wird zu einem Schaulaufen der Reichen und Mächtigen, bei dem der Luxus sichtbar und fühlbar wird. Luxus liegt auch in der Musik selbst: Die kunstvolle Verflechtung von Orchester, Gesang und dramatischer Handlung schafft ein einzigartiges Erlebnis, das nur mit hohem Aufwand und großer Meisterschaft erreicht werden kann. Diese musikalische Dekadenz ist ein Genuss für das Ohr und wird von vielen als Höhepunkt der musikalischen Kunst angesehen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Oper eine Kunstform ist, die in ihrer Essenz mit Luxus verknüpft ist. Ob durch die visuelle Pracht, die narrative Erzählung von Exzessen, die soziale Dimension des Opernbesuchs oder die opulente Musik selbst – Oper und Luxus sind untrennbar miteinander verbunden. Sie verkörpern das Streben nach Schönheit und Perfektion, das über das Alltägliche hinausgeht, und erinnern uns daran, dass der Mensch seit jeher von der Vorstellung des Überflusses und des Erhabenen fasziniert ist. Auf 400 Jahre Operngeschichte können sich Opernfreund:innen in dem neuen Bildband „Die Oper“ von Alan Riding und Leslie Dunton-Downer, erschienen im DK Verlag, 49,95 Euro, begeben. Foto: iStockphoto Hintergrund: garrykillian/AdobeStock

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