Profile 4-2024

leben TRENDS 24 PROFILE 4/2024 mierung immer möglich ist – und vor allem, ob das Streben nach der „besten Version seiner Selbst“ immer gesund ist. Häufig werde suggeriert, dass mit dem richtigen Mindset alles möglich sei. Positive Gedanken und Affirmationen sollen dabei helfen, die gesteckten Ziele und Wünsche zu erreichen. Sich auf das Schöne und Gute zu konzentrieren und eine dankbare Haltung anzunehmen, kann Menschen zwar durchaus helfen, dem Leben mehr Sinnhaftigkeit zu verleihen und zufriedener durch den Alltag zu gehen. Doch nicht immer gelingt das. Menschen mit einer Depression fällt es zum Beispiel meist schwer, überhaupt positive Aspekte im Alltag zu entdecken. Genau dies ist ein Symptom ihrer Erkrankung. Die Aufforderung, „doch mal das Schöne“ zu sehen, kann hier das Gegenteil bewirken: Die Betroffenen können sich nun erst recht unfähig und minderwertig fühlen und ihre seelische Verfassung kann sich verschlechtern. Bei einigen Menschen können positive Affirmationen wie „Du bist großartig in deinem Job“ oder „Du bist talentiert und begehrenswert“ auch ins Gegenteil umschlagen. Auch die Annahme „Alles ist möglich“ sollte kritisch hinterfragt werden. Denn selbstverständlich gibt es Limitierungen im Leben, auf die man keinen oder nur beschränkt Einfluss hat, zum Beispiel körperliche und psychische Voraussetzungen, das soziale Umfeld oder Lebensereignisse. Auch wenn die Stärkung der Selbstwirksamkeit grundsätzlich positiv zu bewerten ist, sollte dies immer berücksichtigt werden. Die Stärkung der eigenen Resilienz und die Entwicklung einer konstruktiven Fehlerkultur können hier wichtige Aspekte sein, um auch mit unerwünschten Ereignissen angemessen umgehen zu können. Andernfalls können Frustration und Schuldgefühle die Folgen sein. Denn stellen sich erwünschte Resultate nicht ein, liegen Gedanken wie „Ich habe nicht ausreichend daran geglaubt/daran gearbeitet“ oftmals nahe. Der Wunsch nach Optimierung darf in keinem Fall zum Zwang werden. Denn wird der gesamte Tag durchgetaktet und immer nach dem Bestmöglichen gestrebt, bleibt wenig Freiraum für spontanes Erleben. Und gerade dies ist wichtig, um abzuschalten und mental aufzutanken. Darüber hinaus entstehen gerade in Phasen des mentalen Loslassens und Durchatmens neue, kreative Ideen oder es lassen sich Lösungen finden. NICHT ZU STRENG MIT SICH SEIN Auch wenn ein gesundes Leben und eine positive Lebenshaltung grundsätzlich gut ist, sollte man nicht zu streng mit sich sein, sagen die Expert:innen der Oberberg Gruppe. Essgenuss, Müßiggang und Scheitern sollte man sich durchaus erlauben. Nur so werde der Alltag, aber auch die eigene Gefühlswelt diverser, was sich positiv auf das persönliche Wohlempfinden und die mentale Gesundheit auswirkt. Sollte man bemerken, dass das Optimierungsstreben den eigenen Alltag so bestimmt, dass die Lebensqualität verloren geht und sich zwanghaftes Verhalten entwickelt, ist der Rat einer Ärztin oder eines Arztes zu empfehlen. Ebenso, wenn die andauernde Aktivität in Rastlosigkeit und Erschöpfung mündet. Mehr als sieben von zehn Frauen geben in der Dove-Untersuchung an, dass der Druck, schön zu sein, für sie in den letzten acht Jahren immens zugenommen hat. Über 60 Prozent der Frauen und mehr als 70 Prozent der Mädchen in Deutschland machen deutlich, dass sie in den sozialen Medien bereits mit manipulierten und somit gefährlichen Schönheitsinhalten konfrontiert wurden. Infolge dieses gestiegenen Drucks haben Frauen heute in Deutschland weniger Vertrauen in ihre eigene Schönheit als noch vor zehn Jahren (32 Prozent 2024 gegenüber 45 Prozent 2016). Diese Ent-

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