Profile 2-2021
eigentlich? Dabei stellt sich heraus, dass Purpose doch nur vermeintlich eine gro- ße Unbekannte ist: „Purpose könnte man getrost als Hype abtun, wäre die Sinnhaftigkeit im Tun einer Organisati- on nicht schon immer da gewesen“, so die Experten. Es geht also um Antrieb und Auftrag – Purpose statt Profit? Wie weit der aktuelle Purpose-Gedanke geht, ist tatsächlich Definitions- und Ausle- gungssache. Purpose-Unternehmer – insbesondere in der Start-up-Szene auch Social Entrepreneurs genannt – stellen die Verantwortung in den Fokus, nicht die Maximierung des Gewinns. Vor dem Hintergrund forderte eine Initiative aus mehr als 600 namhaften Unterzeichnern zuletzt den Abbau bürokratischer Hür- den auf dem Weg zum Purpose-Unter- nehmen und die Einführung einer neu- en Rechtsform – der sogenannten „Verantwortungseigentumsgesellschaft“. Danach dürften sich Unternehmer keine Gewinne zahlen, sondern müssten diese direkt wieder dem Unternehmen selbst zugute kommen lassen. DAS „WOFÜR“ STEHT IM MITTELPUNKT So radikal freilich muss das Konzept des Purpose nicht automatisch gelebt wer- den. Klar ist aber, dass sich der Purpose von der Mission oder Vision eines Un- ternehmens unterscheidet. Purpose ist nicht das „Was?“ oder das „Wohin?“, sondern das „Wofür?“ – eben ein tieferer Sinn. Haltung wäre ein anderer Begriff dafür, den die Verbraucher und Verbrau- cherinnen heute auch immer öfter von Unternehmen einfordern. Kein Wunder, dass viele Unternehmen, die sich als Pur- pose-Unternehmen bezeichnen, in Fa- milienhand sind. Familienunternehmen sind grundsätzlich durch die Langfristig- keit und Nachhaltigkeit ihres Handelns gekennzeichnet, soll das Unternehmen doch von Generation zu Generation weitergegeben werden. Immerhin aber fokussieren laut Kienbaum-Studie 15 Prozent der Unternehmen schon primär die soziale Wertschaffung und sogar 22 Prozent verfolgen eine gleichermaßen soziale, ökologische und ökonomische Wertschaffung. Purpose ist also nicht nur der Schleudergang für Öko-Unter- nehmen. Nach innen ist Purpose vor allem eines: die Motivation der Mitarbeiter. Und die ist für den Hersteller mit 500 Mitarbei- tern wie für den Einzelhändler mit fünf Beschäftigten immens wichtig. Der Sinn eines Unternehmens ist für die Mitarbei- ter tatsächlich von Bedeutung: In einer Befragung von McKinsey unter mehr als 1.000 US-amerikanischen Arbeitnehmer bestätigten 82 Prozent, dass ihnen ein Unternehmens-Purpose wichtig ist. Doch nur 42 Prozent berichteten, dass der Purpose ihres Arbeitgebers einen merklichen positiven Einfluss aufweist. In der aktuellen Kienbaum-Studie mit über 1.300 Mitarbeitern im deutsch- sprachigen Raum bestätigte sich dieses Ergebnis: Die überwiegende Mehrheit – 93 Prozent – erachteten Purpose als wichtig für Organisationen. Die Exper- ten kommen dabei zu einem eindeutigen Schluss: „Die derzeitige Krise hat die Relevanz eines glaubwürdigen Purpose weiter befeuert.“ Denn: Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden der Studie (53 Prozent) sahen eine durch die Coro- na-Pandemie bedingte gesteigerte Rele- vanz des Purpose. Letztlich ist das für kleine, inhaberge- führte Unternehmen wie die Parfümerie leichter umzusetzen als für den Indus triebetrieb, der eine große Maschinerie in Gang setzen muss: Denn bei Purpose geht es um Werte – und wer könnte die besser verkörpern und weitergeben als die Chefin und der Chef, die man Tag für Tag sieht?! Die Frage nach dem Sinn Foto: iStockphoto PROFILE 2/2021 29
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