Profile 2-2021

C orporate Influencer ha- ben in vielen Unterneh- men zunächst im Rah- men des Recruitings Anklang gefunden: Aus- zubildende, die Gleichaltrigen auf Insta- gram einen Einblick in ihren Ar- beitsalltag geben – authentisch und auf Augenhöhe –, gehörten zu den ersten Corporate Influencern, noch bevor es einen Namen für dieses Phänomen gab. Das kommt sicherlich nicht von unge- fähr: Denn gleichzeitig nahmen die Per- sonaler auch auf Berufsmessen für Schü- ler und Berufseinsteiger die eigenen Leute als Aushängeschild fürs Unterneh- men mit. Der Erfolg dieser überaus glaubwürdigen Werbung gab den Unter- nehmen recht. Doch warum sollte das, was im Personalwesen und bei jungen Leuten funktioniert, nicht auch auf an- dere Unternehmensebenen und Ziel- gruppen übertragbar sein? MARKE MEETS MENSCHLICHKEIT So entstand der Corporate Influencer – Mitarbeiter, die als Botschafter auf Insta- gram & Co. für ihr eigenes Unterneh- men und seine Produkte werben, ehrlich, sympathisch, bodenständig. Tatsächlich können Mitarbeiter die Unternehmens- botschaften nahbarer und ehrlicher transportieren als unternehmensfremde Influencer. Das Konzept ist in der Ver- gangenheit schon oft als „Marke meets Menschlichkeit“ beschrieben worden. Gerade auch in Krisenzeiten, wie etwa der Corona-Pandemie, eignet es sich da- her hervorragend als Werbemaßnahme. Doch wer eignet sich in einem Unterneh- men als Corporate Influencer? Bei Un- ternehmen mit 100, 500 oder 1000 Mit- arbeitern ist die Aus- wahl natürlich groß, der Auswahlprozess aber auch entspre- chend kompliziert. Schließlich will das Unter- nehmen weiterhin Herr über die Kommunikationsprozesse bleiben, die Kommunikation soll sich nicht verselbstständigen. Oft sind es dann zunächst die Mitarbeiter der Unternehmenskommunikation, die in den sozialen Medien zu Markenbot- schaftern werden. Sie haben zum einen ohnehin einen Account auf Instagram, Twitter & Co., auf dem sie Unterneh- mensinformationen posten, und kön- nen zum anderen am besten einschät- zen, welche Beiträge auf das Unternehmensimage einzahlen und wel- che nicht. Zum Corporate Influencer werden diese ohnehin auf Social Media aktiven Mitarbeiter, indem sie den ge- posteten Content thematisch erweitern: durch private Anekdoten und Fotos, mit denen sie sich nicht nur als Mitarbeiter des Unternehmens ausgeben, sondern auch als Menschen zeigen. Aber auch aus anderen Abteilungen können Mitarbeiter zu Influencern wer- den – und zwar auch solche, die zuvor nicht Social Media-mäßig in Erschei- nung getreten sind. Dazu gehören die schon erwähnten Auszubildenden, die sich medienkanaltypisch unter „Ihres- gleichen“ tummeln. Infrage kommen aber auch Mitarbeiter mit Spezial- Know-how, die sich dann wiederum mit einer entsprechenden Community in den sozialen Medien vernetzen und dies dort teilen können. Im Idealfall entsteht hier ein sehr fruchtbarer Austausch un- ter Experten – mit eben jener hohen Glaubwürdigkeit, die das Konzept aus- zeichnet. VOM AZUBI BIS ZUR CHEFIN In einem kleineren Unternehmen oder im Einzelhandelsgeschäft mag die Aus- wahl an Corporate Influencern nicht so groß sein, dafür ist sie aber einfacher. Auszubildende anzusprechen, etwas aus ihrem Arbeitsalltag auf einem Netzwerk zu posten, in dem sie vielleicht ohnehin aktiv sind, macht immer dann Sinn, wenn man auf der Suche nach Nach- wuchs ist. Vielleicht können die Auszu- bildenden zeitlich begrenzt zum Corpo- rate Influencer werden und Videos und Texte aus ihrem Arbeitsalltag posten: zum Beispiel dann, wenn das Geschäft gerade Nachwuchs sucht. Möglicherweise gehören aber auch Frau- en und Männer 50plus zur wichtigen Zielgruppe des Unternehmens. Dann empfiehlt es sich, im Unternehmen nach einer Vertrauensperson aus dieser Alters- klasse Ausschau zu halten, die ohnehin einen engen Draht zu den Kunden hat und Social Media-affin ist. Last, but not least, sind natürlich auch die Chefin und der Chef ideale Corpo- rate Influencer, wenn es um das Sorti- ment oder das Produkt-Know-how geht. Gerade während der Corona-Pandemie ist zu beobachten, dass viele Inhaber von kleinen Einzelhandelsgeschäften in kur- zen Videos, die sie auf Facebook oder Instagram posten, durch ihren Laden führen und die Produkte vorstellen, aus- probieren und so zum Kauf anregen. Ei- ne bessere Werbung kann es kaum ge- ben. Das Konzept des Corporate Influencers hat allerdings auch Tücken: Grundsätz- lich gibt es einige rechtliche Fallstricke. So muss sich der Unternehmer bewusst sein, dass er nicht alles kontrollieren kann, der Mitarbeiter, dass er gewisse Regeln befolgen muss, z.B. keine Ge- schäftsgeheimnisse verraten darf. Tat- sächlich ist der Mitarbeiter für Postings, die die Interessen anderer verletzen, auch haftbar. In einem familiären betriebli- chen Umfeld sollte man dieses Problem aber in den Griff bekommen. Der Mehr- wert ist umso größer – betriebsintern und für das Business. Silke Bruns Ob Beauty-Blogger oder Werbe-Stars: Große Marken kommen schon längst nicht mehr ohne Influencer aus. Seit einiger Zeit ist eine neue Spezies aufgetaucht: die Corporate Influencer. Inzwischen folgen auch immer mehr kleinere Unternehmen dem Trend. PROFILE 2/2021 23

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